“Im Interview: Henk van Houtum wuchs in Helmond auf und studierte Ökonomie an der Universität von Tilburg, jeweils nahe der belgischen Grenze. Heute ist er als Professor für Politische Geografie und Geopolitik an der Radboud Universität Nijmegen tätig und wohnt wenige Kilometer von der deutschen Grenze entfernt. 2024 erschien sein Buch „Free the map. From Atlas to Hermes – a new cartography of borders and migration“”

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    9 days ago

    In meinen Augen interpretiert der Forscher da mitunter ein bisschen zu viel rein und steckt ein bisschen in seinem akademischen Elfenbeinturm. Wenn ich bspw auf der Karte die Grenze zwischen DE und NL sehe, sehe ich kein abschottendes Bollwerk, sondern bin mir bewusst, dass diese Grenze für mich passierbar ist und doch klare Grenzen zwischen zwei Zuständigkeiten aufzeigt.

    Das kann man natürlich in einem akademischen Ansatz von “no nation no border” überwinden wollen, de facto ist die Grenze der Zuständigkeit aber genau so knallhart, wie sie auf der Karte eingezeichnet ist. Und wenn ich drei Meter von der Grenze nach NL wohne, habe ich trotzdem das deutsche FA auf der Matte.

    Es gibt doch Karten, bspw ethnische oder sprachliche, die das Kontinuum aufweisen, das wir eben oft genug sind.

    Jetzt geht es ihm ja primär um Migration und dass es unfair ist, dass für manche die Grenzen passierbar, für andere geschlossen sind. Ich verstehe seinen Ansatz nicht richtig, wie eine andere Karte diese existierende Realität anders darstellen möchte. Kultur, Religion, Sprache, Wohlstand: mit jedem dieser Ansätze käme man auch wieder eher zu einer Karte der EU statt einer großen verbindenden “Karte der Menschheit” mit dem globalen Süden.

    Zumal ich fürchte, dass sein Ansinnen, gegen Abschottung zu argumentieren, wohl noch nie auf so taube Ohren fallen dürfte wie bei der derzeitigen Stimmung. Die Menge derer, denen Grenzen nicht mehr fett genug eingetragen sind, ist doch riesig groß. Grad in NL wird die offene Grenze zu DE mitunter sehr skeptisch beäugt wegen angeblicher Migranten.